Pressekonferenz 2022

Pressemitteilung
Bündnis Klinikrettung

c/o Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) e. V.

Weidenweg
37
10249
Berlin

Bündnis Klinikrettung zieht Bilanz: Klinikschließungen 2022, Versorgungsengpässe und die Probleme der Krankenhausreform

 

Mit den Level 1i-Krankenhäusern werden ländliche Gebiete zu Gesundheitsregionen zweiter Klasse

Berlin, den 13. Dezember 2022: Auf seiner heutigen Pressekonferenz hat das Bündnis Klinikrettung zum dritten Mal in Folge eine Jahresbilanz der erfolgten und geplanten Klinikschließungen gezogen. Außerdem legte das Bündnis eine kritische Analyse der Vorschläge der „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ dar und präsentierte dringend notwendige Reformalternativen.
Beispielhaft für die Misere der örtlichen Gesundheitsversorgung bei einer drohenden Krankenhausschließung berichtete einer der Initiatoren des erfolgreichen Bürgerbegehrens in Eckenförde.

Die vollständige Bilanz 2022 mit Schließungsliste: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/1_Bilanz_BKR_Krankenhausschliessungen_2022-1.pdf
Die Analyse der Krankenhausreform: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/2_Beurteilung_BKR_Krankenhausreform_2022-12.pdf

 

 

Laura Valentukeviciute, Bündnis Klinikrettung:


„Die Zahl unserer Krankenhäuser sinkt dramatisch weiter. Im Jahr 2022 schließen bis Jahresende insgesamt 13 Krankenhäuser, hinzu kommen 11 Krankenhäuser mit Teilschließungen, hauptsächlich Geburtshilfen. Unterfinanzierung und geplanter Abbau der Krankenhäuser spitzen sich weiter zu. Die Anzahl der drohenden Schließungen liegt rekordhoch bei 68.“

Valentukeviciute weiter: „Die geplante Krankenhausreform hilft uns keinen Deut weiter. Lauterbachs Deckelung des Gesamtbudgets bedeutet, dass die knappen vorhandenen Ressourcen lediglich umverteilt werden. Deswegen wird es auch weiter ökonomisch bedingte Schließungen von Allgemeinkrankenhäusern geben. Die Probleme des DRG-Systems werden nicht wie versprochen überwunden, sondern teilweise sogar verschärft.“

Eine gravierende, bisher in der Öffentlichkeit wenig beachtete Folge der Reform ist die Aufteilung von Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung in die Level 1n und 1i. Nur Krankenhäuser des Levels 1n sollen noch eine Notfallversorgung bereitstellen. Krankenhäuser des Levels 1i hingegen sollen nicht unbedingt ärztlich, sondern von speziell ausgebildeten Pflegekräften geleitet werden, sie sollen lediglich über stationäre Pflegebetten verfügen und ambulante ärztliche Behandlung nur auf Abruf leisten.

 

Klaus Emmerich, Klinikvorstand i.R.:


„Man muss es deutlich sagen: Level 1i, das sind keine Krankenhäuser mehr. Ihnen fehlt die ärztliche Verfügbarkeit rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche, eine stationäre Notaufnahme sowie eine Intensivstation für klinische Notfälle. Wir reden hier von circa 650 der knapp 1.900 verbliebenen Krankenhäuser, die geschlossen und im Grunde in „bessere Pflegeheime“ umgewandelt werden sollen. Die Folge wird sein, dass ländliche Regionen zu Gesundheitsregionen zweiter Klasse degradiert werden.“

 

Henning Brien, Bürgerbegehren Eckernförde:


„In den ländlichen Regionen brauchen die Menschen wohnortnahe Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung mit Geburtsstation, einer zentralen Notaufnahme und idealerweise einer Kindermedizin. Das gehört zur Daseinsvorsorge und muss gewährleistet werden. Dies entlastet obendrein den regionalen Schwerpunkt- und den überregionalen Maximalversorger."

Brien weiter: „Auch bei uns in Eckernförde wird die Krankenhausschließung mitunter damit begründet, dass das knappe Personal besser in wenigeren Kliniken konzentriert werden sollte. Das beste Beispiel, dass das reines Wunschdenken ist, zeigt sich an den Hebammen. Die Geburtsstationen schließen seit Jahren - und im Vergleich zu anderen Stationen überproportional häufig. Deswegen gibt es aber nicht mehr Hebammen die geburtshilflich arbeiten – im Gegenteil. Die meisten Hebammen gehen nach dem Wegfall ihres Arbeitsplatzes nicht in die großen Zentren und stehen dem „Geburtsmarkt“ nicht mehr zur Verfügung. Somit steigt die Anzahl der betreuten Geburten pro Hebamme an den weiterhin bestehenden Geburtsstationen an. In Folge entsteht eine Verdichtung der Arbeit und die direkte Betreuungszeit für die einzelne Schwangere reduziert sich. Alleine im Kreißsaal zu liegen hat wenig mit Qualität zu tun.“

 

Kontakte für Rückfragen
Laura Valentukeviciute: laura.valentukeviciute@gemeingut.org, 0176 23320373

Klaus Emmerich: klaus_emmerich@gmx.de, 0177 1915415


Weitere Materialien:

Folien zur Bilanzpressekonferenz:
https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/3_Krankenhausreform_Klaus-Emmerich_Folien-1.pdf

Wenn der versprochene Ersatz ausbleibt, 3 Beispiele: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/4_Wenn-der-versprochene-Ersatz-ausbleibt-1.pdf

 

Das Bündnis Klinikrettung hat eine ausführliche Studie zur Selbstkostendeckung als Finanzierungsmodell vorgelegt: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/2022-10_Studie_Selbstkostendeckung_Buendnis_Klinikrettung_aktualisierte_Ausgabe_2022-12-12.pdf

Bündnis Klinikrettung: www.klinikrettung.de

 

Download
Klaus Emmerich
Referat für das Bündnis Klinikrettung auf der Jahrespressekonferenz am 13.12.2022
2022-12-13 Referat Krankenhausreform Kla
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Die Beurteilung der Krankenhausreform

 

Lesen Sie mehr!

 

Download
Krankenhausreform des Gesundheitsministers Karl Lauterbachs und seiner Regierungskommission
Beurteilung von Klaus Emmerich, Klinikvorstand i.R.
2022_12_13_Text zur Pressekonferenz neu.
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Die Bilanz des Bündnis Klinikrettung 2022

 

Klinikschließungen und geplant Klinikschließungen

 

Der Link

 

Berichte

 

Deutsche Welle

 

Quelle: https://www.dw.com/de/das-deutsche-kliniksterben/a-64096468

 

Organisationen wehren sich gegen Klinikschließungen

 

Klaus Emmerich bringen diese Pläne mächtig auf die Palme. Er hat in der bayerischen 20.000-Einwohner Stadt Sulzbach-Rosenberg den Beweis angetreten, dass man als Vorstand zwei Landkrankenhäuser sehr wohl krisenfest machen kann. Eigentlich ist Emmerich schon im Ruhestand, anderseits ist der Erhalt wohnortnaher Krankenhäuser im ländlichen Raum seine Lebensaufgabe. Was liegt also näher, als sich in dem vor zwei Jahren gegründeten "Bündnis Klinikrettung" zu engagieren.

 

Emmerich sagt: "Die stationäre Versorgung mit kurzen Wegen ist gefährdet. Wenn die Entfernung größer als 30 Minuten zu vollwertigen Krankenhäusern werden sollte, weil ein Drittel aller Krankenhäuser in Deutschland zu solchen Behandlungsklitschen umfunktioniert werden, dann ist das gefährlich und kann im Einzelfall lebensentscheidend sein."

 

Kritik an der geplanten Einstufung in drei Kategorien

 

"Behandlungsklitschen" sind für Emmerich die Level-1-Kliniken ohne Notversorgung, 650 Krankenhäuser in Deutschland drohten seinen Rechnungen zufolge zu besseren Pflegeheimen zu werden. Hintergrund: Das Bundesgesundheitsministerium kann sich vorstellen, dass diese Krankenhäuser nicht zwingend von Ärzten, sondern auch von qualifiziertem Pflegepersonal geleitet werden könnten. Eine verstärkte ambulante Versorgung also über Praxisärzte, und im Notfall eine Verlegung in ein Level-2 oder Level-3-Krankenhaus.

 

"Hier von Krankenhäusern zu sprechen ist der blanke Hohn, das sind in unseren Augen keine Krankenhäuser mehr. Das ist eigentlich nichts anderes als eine bessere Kurzzeitpflege kombiniert mit ambulanten Ärzten. Mehr ist das nicht. Wir werden in ländlichen Regionen viele Regionen zweiter Klasse mit unzulänglicher medizinischer Behandlung bekommen."

 

"Man muss genau zuhören: Kein Arzt wird diese Krankenhäuser leiten" - Klaus Emmerich

 

Zweite Klasse heißt für Klaus Emmerich: keine ärztliche Verfügbarkeit sieben Tage und 24 Stunden die Woche, keine stationäre Notaufnahme mit Schockraum für Reanimationen und auch keine Computertomographien mehr. Das "Bündnis Klinikrettung" hat in Berlin dem Bundesgesundheitsministerium 90 Minuten die Idee für eine Selbstkostendeckung als neues Finanzierungsmodell für die Krankenhäuser erklärt, als Alternative zu Lauterbachs Plänen.

 

Doch mehr als ein Dank für das Treffen kam aus Berlin nicht als Reaktion. Emmerich will trotzdem weiterkämpfen: "Wir brauchen Krankenhäuser, welche die Patienten ordnungsgemäß und vollumfänglich als Allgemeinkrankenhäuser behandeln."

 

Junge Welt

 

Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/440872.gesundheitssystem-b%C3%BCndnis-klinikkahlschlag.html

 

Bündnis Klinikkahlschlag

Im laufenden Jahr werden insgesamt 13 Krankenhäuser geschlossen, in den folgenden Dutzende mehr. Lauterbachs Reformpläne zerpflückt

 

Vor zwei Monaten zeigte sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) öffentlich besorgt wegen einer drohenden Pleitewelle im Krankenhaussektor: »Wenn wir da nicht schnell und auch wirklich drastisch reagieren, kommt es zu Schließungen.« Offenbar war die Politik nicht »schnell« und »drastisch« genug. Nach am Dienstag veröffentlichten Zahlen wurden 2022 in bisher elf Monaten an zehn Standorten in Deutschland die Pforten für immer dichtgemacht, und drei weitere kommen bis zum Jahresende dazu. Wie das »Bündnis Klinikrettung« gestern auf einer Onlinepressekonferenz mitteilte, belaufen sich die Verluste seit Beginn des ersten Pandemiejahres 2020 damit auf insgesamt 40. Noch düsterer sind die Aussichten für die Zukunft: Ab 2023 sollen planmäßig 68 Abwicklungen erfolgen.

 

Zu Lauterbachs »Ehrenrettung«: Seine Warnung bezog sich auf die drastisch gestiegenen Energiekosten, nicht den Kahlschlag nach System, den er selbst mitzuverantworten hat und insgeheim – früher auch in aller Offenheit – befürwortet. Inzwischen frisst er lieber Kreide und hat im Vorjahr sogar eine Petition zur Rettung von Kliniken unterzeichnet. Handlungsweisend war das freilich nicht. Kritiker werten die jüngst von ihm vorgestellten Rezepte für eine »große Krankenhausreform« als Teil eines Masterplans zur massiven Flurbereinigung der Versorgungslandschaft. Die fraglichen Vorschläge trügen die »deutliche Handschrift der Schließungslobbyisten Reinhard Busse und Boris Augurzky, die sich seit spätestens 2008 für den Krankenhauskahlschlag einsetzen«, heißt es in einer Bewertung des Bündnisses. So werde insbesondere die Aufspaltung der Standorte nach Versorgungslevels und Leistungsstrukturen den Klinikschwund in ländlichen Regionen forcieren.

 

Nach den Recherchen der vom Verein »Gemeingut in Bürgerhand« (GiB) getragenen Initiative wurden im Jahresverlauf in elf weiteren Fällen hausinterne Teilschließungen vorgenommen. Ein Großteil betreffe dabei Geburtshilfen, die wie etwa auch Notaufnahmen hohe Kosten verursachen und keine Rendite abwerfen. Erfahrungsgemäß leiten solche Schritte spätere Komplettabwicklungen ein. Begründet werden diese oft mit dem Neubau einer Zentralklinik, die dann jedoch für viele Bürger nicht mehr wohnortnah ist. Im kommenden Jahr sollen nach Bündnisangaben 37 solcher Projekte starten. Für die verwaisten Gebiete werde häufig eine Ersatzlösung versprochen in Gestalt sogenannter Gesundheitszentren mit stark eingeschränktem Angebot – keine Notfallversorgung, keine Pädiatrie, selten sowohl Chirurgie als auch innere Medizin. Allerdings ist den Aktivisten »kein einziges Beispiel« bekannt, in dem eine Alternative wie angekündigt realisiert wurde. Illustriert wird dies am Fall des Johanniter-Krankenhauses in Genthin in Sachsen-Anhalt, das 2017 zugemacht wurde. Auch fünf Jahre danach sei kein Ersatz in Sicht. Zu den nächstgelegenen Kliniken in Stendal und Brandenburg an der Havel sind es mit dem Auto jeweils knapp 40 Kilometer.

 

 

Mit sechs Schließungen in diesem Jahr ist Baden-Württemberg »Spitzenreiter« unter den Kahlschlägern, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit vier. Vier der 13 Abwicklungen haben zur Folge, dass künftig insgesamt fast 65.000 Menschen mehr länger als 30 Minuten Fahrzeit von der nächsten Klinik entfernt wohnen. Vorne ist das Ländle auch bei der Zahl der Schließungsvorhaben. 17 Häuser stehen dort auf dem Index, in Niedersachsen sind es zwölf, in Bayern elf, in NRW sechs. Wann genau die Lichter ausgehen, ist in vielen Fällen noch offen. Wegen des zusätzlichen Drucks durch die Rekordinflation könnten sich die Geschehnisse aber beschleunigen. Den Rest dürfte über kurz oder lang Lauterbachs »Revolution« erledigen. Die Konzepte deckten sich in wesentlichen Teilen mit den »Policy-Vorstößen« privater Klinikkonzerne, von Unternehmensberatern und Krankenkassen, »die einen prägenden Einfluss auf die Reform geübt haben«, schreibt das Bündnis. Diese Maßnahmen würden das »Kliniksterben in Deutschland nicht stoppen, sondern signifikant verschärfen«.